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Alt 05.11.2017, 12:16
Rico Rico ist offline
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Standard AW: Berechnung des Nachlasswertes richtig?

Hallo Waldi007,

es gibt einen Aktiv- und einen Passivnachlass

Entscheidend für die Bestimmung des Pflichtteils sind der Bestand und der Wert des Nachlasses.

Der Begriff des Nachlasses wird umgangssprachlich im Sinne von positivem „Vermögen“ beispielsweise in Form von Geld, Immobilien oder Unternehmensbeteiligungen verstanden.

Für die Pflichtteilsberechnung ist ein solches Verständnis des Begriffes „Nachlass“ aber alleine nicht zielführend.



Zum Nachlass im juristischen Sinn gehören nämlich nicht nur die positiven Vermögenswerte des Erblassers, sondern auch negatives Vermögen, das der Erblasser dem Erben hinterlassen hat.

Beide Vermögensmassen, das positive Vermögen und die hinterlassenen Schulden und Nachlassverbindlichkeiten des Erblassers müssen bei der Berechnung des Erblassers saldiert werden, um am Ende zu dem vom Erben tatsächlich geschuldeten Pflichtteil zu gelangen.

Ein einfaches Beispiel soll die Problematik verdeutlichen:

Der Erbe hinterlässt folgendes positives Vermögen:
Immobilie im Wert von 1 Mio. Euro
Bankguthaben in Höhe von 500.000 Euro

Der Erblasser hinterlässt folgendes negatives Vermögen:
Bankschulden in Höhe von 200.000 Euro
Offene Mietforderung in Höhe von 10.000 Euro
Kosten für die Beerdigung 10.000 Euro

Pflichtteilsrelevanter Nachlass: 1.280.000 Euro

Sowohl für den Erben als auch für den Pflichtteilsberechtigten gilt demnach, dass sie für die Berechung des Pflichtteils zunächst sowohl den Bestand des Aktiv- wie des Passivnachlasses bestimmen müssen und nachfolgend sowohl Aktiv- wie Passivnachlass bewerten müssen.

Der so ermittelte Wert des Passivnachlasses ist vom Aktivnachlass abzuziehen. Erst so erhält man den in § 2311 BGB angesprochenen „Wert des Nachlasses“.

Woraus besteht der Passivnachlass?

Für den Erben kann es sich durchaus lohnen, bei der Ermittlung des Passivnachlasses gründlich vorzugehen. Je höher der abzugsfähige Passivnachlass, desto weniger Geld muss der Erbe nämlich an den Pflichtteilsberechtigten bezahlen.

So gehören zum berücksichtigungsfähigen Passivbestand des Nachlasses sämtliche Schulden, die der Erblasser dem Erben hinterlassen hat.

Aus welchem Rechtsverhältnis sich die Erblasserschulden ergeben, ist dabei grundsätzlich nicht relevant. Für Schulden, bei denen nicht sicher ist, ob der Erbe sie jemals erfüllen muss, enthält § 2313 BGB eine Sonderregelung.

Neben Erblasserschulden können vom Erben auch so genannte Erbfallschulden nachlasswert- und damit auch pflichtteilsmindernd ins Spiel gebracht werden. Hierzu gehören unter anderem die Kosten der Beerdigung, Kosten einer Nachlassverwaltung oder gegebenenfalls auch Kosten einer Testamentsvollstreckung.

Nicht abzugsfähig ist allerdings ausdrücklich die Erbschaftsteuer, die der Erbe auf seinen Erwerb zu bezahlen hat.



Soweit Pflichtteilsberechtigte ein Abkömmling oder die Eltern des Erblassers sind, bleibt nach § 2311 Abs. 1 S. 2 BGB bei der Berechnung des Nachlasswertes der dem Ehegatten nach § 1932 BGB gebührende so genannte Voraus bei der Feststellung des Nachlasswertes außer Ansatz. Bei Abkömmlingen und Eltern, die den Pflichtteil gelten machen, zählt also immer nur der Nachlass abzüglich des Voraus als Grundlage für den Pflichtteil.
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